zur Eindämmung der Atemwegserkrankung „Covid-19“ durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV2 durch Einschränkungen des sozialen Lebens, des Schulunterrichts und im Bereich der Ausübung des Freizeit- und Vereinssports im Landkreis Friesland mit Ausnah-me der Inselgemeinde Wangerooge
Gemäß § 28 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit §§ 2 Absatz 1 S. 1 Nr. 2; 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 Niedersächsisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöDG) und § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) sowie § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
- Zusammenkünfte und Ansammlungen in privaten Räumlichkeiten, auf privaten Grundstücken sowie im öffentlichen Raum sind auf höchstens 6 Personen begrenzt; hiervon ausgenommen sind Zusammenkünfte von Angehörigen i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB und von Personen aus 2 Hausständen. § 1 Abs. 5 und 6 der Nds. Corona-Verordnung bleibt unberührt (Zusammenkünfte aus den dort definierten besonderen Anlässen und Versammlungen, also z. B. Hochzeitsfeiern, standesamtliche Trauung oder entsprechende Jubiläen, Feiern zur Taufe, Erstkommunion/Konfirmation, Beerdigung).
- Die zu Nr. 1 S. 1 angeordneten Kontaktbeschränkungen gelten entsprechend für Betriebe des Gaststättengewerbes i. S. d. § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes pro Tisch/Tischeinheit.
- Freizeit- und Vereinssport
Der Liga-Betrieb von Freizeit- und Vereinsmannschaften im Landkreis Friesland wird untersagt. Das Training in einer festen Gruppe/festen Mannschaft ist erlaubt sowie Freundschafts- oder Trainingsspiele innerhalb der festen Gruppe/festen Mannschaft. Freundschafts- oder Trainingsspiele mit anderen Gruppen/Mannschaften sind nicht erlaubt.
Ausnahmen:
Ausgenommen von dem Verbot sind Sportarten, die bisher ausschließlich kontaktlos ausgeübt wurden und bei denen bisher zu jeder Zeit ein Abstand von 2 Metern zwischen den sportausübenden Personen, die nicht zum eigenen Hausstand gehören, eingehalten wurde, (z. B. Tennis (Einzel bzw. Doppel, sofern der Doppelpartner zum eigenen Hausstand gehört), Golfsport, Reitsport, Sportkurse, etc.).
- Die Schulklassen sind ab dem 01.10.2020 im Zwei-Schicht-System zu unterrichten. Sofern eine Durchmischung der Kohorten erfolgt (z.B. Kursunterricht) ist während des Unterrichts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.
- Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung gelten bis einschließlich 11. Oktober 2020 für den Landkreis Friesland mit Ausnahme der Gemeinde Wangerooge.
- Zuwiderhandlungen stellen gem. § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar.
- Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung sind gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
Begründung
Rechtsgrundlage für diese Regelungen ist § 28 Abs. 1 IfSG. Nach Satz 1 des 28 Abs. 1 IfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Satz 1 Halbsatz 2 kann die zuständige Behörde insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Gem. § 28 der Nds. Corona-VO können die örtlichen Behörden über die Verordnung hinausgehende Anordnungen treffen und generelle Betretungsverbote erlassen, sofern dies im Interesse des Gesundheitsschutzes zwingend erforderlich ist.
Der Landkreis Friesland ist die für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten sachlich und örtlich zuständige Behörde (§ 28 Abs. 1 IfSG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Satz 3 NGöGD). Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG. Im Landkreis Friesland und auch in vielen anderen Landkreisen wurden bereits mehrere erkrankte, krankheitsverdächtige und krankheitsgefährdete Personen im Sinne des § 2 Nr. 4, 5 und 7 IfSG identifiziert.
Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 stellt die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Es besteht weltweit, deutschland-, niedersachsen- und kreisweit eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation mit kreisweit starker Zunahme der Fallzahlen im Landkreis Friesland innerhalb weniger Tage. Eine deutliche Zunahme der Fallzahlen ist gerade im Bereich des Landkreises Friesland zu verzeichnen. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Ausbreitung des Virus und der dadurch hervorgerufenen Erkrankung COVID-19 am 11.03.2020 als Pandemie eingestuft.
Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung im Landkreis Friesland wird derzeit als hoch eingeschätzt. COVID-19 ist sehr infektiös. Besonders ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsverläufen betroffen und können an der Krankheit sterben. Zudem ist es mittlerweile zu einer flächendeckenden Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus im gesamten Landkreis Friesland gekommen, mit Ausnahme der Inselgemeinde Wangerooge.
Ziel muss sein, die Infektionskurve zu verlangsamen, um eine weitere Ausbreitung innerhalb des Landkreises Friesland zu verhindern. Weitreichende effektive Maßnahmen sind daher dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes Infektionsketten schnellstmöglich zu unterbrechen.
Seit Montag, dem 21.09.2020, ist die Anzahl der positiv getesteten Personen stark angestiegen. Insbesondere Personen aus dem Landkreis Friesland sind vom Infektionsgeschehen betroffen. Infektionsschwerpunkte bilden vor allem die Bereiche des sozialen Zusammenlebens wie Sport, Vereine, Schule, gastronomische Einrichtungen/Betriebe.
Trotz der Vorgaben der Nds. Corona-Verordnung und des Vorliegens von Hygienekonzepten in Schulen, Vereinen, gastronomischen Einrichtungen/Betriebe konnte eine Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich des Landkreises Friesland nicht verhindert werden. Die Entwicklung des Infektionsgeschehens im sozialen Zusammenleben ist darüber hinaus bei uneingeschränkter Aufrechterhaltung der Kontaktmöglichkeiten und trotz Einhaltung der Vorgaben der Nds. Coronona-Verordnung und Einhaltung der Hygienekonzepte nicht zu verlangsamen oder zu unterbrechen.
Durch die Allgemeinverfügung des Landkreises Friesland werden Maßnahmen zur Entschleunigung der Verbreitung und Unterbrechung der Infektionsketten des Coronavirus SARS-CoV-2 festgelegt. Diese Maßnahmen reduzieren zunächst soziale Kontakte und Zusammenkünfte größerer Personengruppen im privaten und öffentlichen Bereich sowie der Schule.
Nach eindringlicher Einschätzung der Fachexperten des Gesundheitsamtes ist damit zu rechnen, dass, ohne das Ergreifen von Maßnahmen im Landkreis Friesland, kurzfristig eine neue Eskalationsstufe der Pandemiebewältigung im gesamten Landkreis Friesland eintreten wird. Es wird dann nicht mehr ausreichen, die Ansteckungen zurückzuverfolgen und alle betroffenen Personen unter Quarantäne zu nehmen oder punktuell Maßnahmen zu ergreifen. Die Ansteckungsketten müssen somit kurzfristig noch effektiver unterbrochen werden. Dieses gilt insbesondere für die üblicherweise kontaktstarken sozialen Bereiche in den Städten/Gemeinden, in denen eine rasante Ausbreitung des Virus zu verzeichnen ist.
Die umzusetzenden Maßnahmen sind nach fachlicher Risikobewertung auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und Eindämmung der Verbreitung zwingend erforderlich und in diesem Stadium noch erfolgversprechend möglich. Die notwendigen und differenzierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in besonderen Bereichen der Gesellschaft in den betroffenen Gemeinden dienen ebenfalls der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems im gesamten Landkreis Friesland über einen absehbar längeren Zeitraum hinaus.
Diese kontaktreduzierenden Maßnahmen tragen außerdem in besonderer Weise zum Schutz besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen bei. Denn gegen den SARS-CoV-2 Virus steht derzeit keine Impfung bereit und es stehen keine gezielten, spezifischen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Zielsetzung ist zudem eine Entschleunigung und Unterbrechung der Infektionsketten.
Aus den genannten Gründen ist ein legitimer Zweck für die Maßnahmen gegeben. Mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sind nicht ersichtlich. Damit sind die Maßnahmen auch geeignet.
Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da sie nicht außer Verhältnis zu dem in der Allgemeinverfügung angestrebtem Schutz höherwertiger Rechtsgüter wie Leben, Leib und Gesundheit der Bevölkerung steht. Zudem sind diese Maßnahmen inhaltlich, zeitlich und räumlich auf das notwendige Maß begrenzt, um eine wirksame Verbreitung des Virus zu unterbinden. Ohne die getroffenen Maßnahmen bestünde die Gefahr, dass es zu einer unbemerkten Verbreitung des Corona-Virus in den genannten Bereichen kommt.
Da in der Inselgemeinde Wangerooge derzeit keine SARS-CoV-2-Infektionen bekannt sind, wird diese Gemeinde von dem Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung ausgenommen.
Die mit dieser Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen sind damit insgesamt verhältnismäßig.
Sonstige Hinweise:
Personen, die in andere Landkreise innerhalb Niedersachsens, andere Bundesländer oder andere Länder reisen, sind angehalten, sich entsprechend über Einreisebeschränkungen und Quarantänevorschriften des Reiseziels zu informieren.
Zuwiderhandlungen gegen diese Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit nach § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG dar. Diese Allgemeinverfügung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
Bekanntmachungshinweis:
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben (§ 41 Abs. 4 S. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)).
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg Klage erhoben werden.
Jever, 25.09.2020
Landrat
In Vertretung Vogelbusch
1.Kreisrätin